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Rechtsgebiete

Arbeitnehmererfinderrecht

Das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG) aus dem Jahr 1957 hat das Ziel, den Interessenswiderstreit zwischen arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten, wonach das Ergebnis der Arbeit dem Arbeitgeber zusteht, und dem Patentrecht, wonach eine Erfindung ausschließlich dem Erfinder gehört, (§ 6 PatG), zu lösen. In Deutschland sind ungefähr 80 bis 90 % aller im Inland eingereichten Patentanmeldungen Arbeitnehmererfindungen. Die Absicherung von Erfindungen durch Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldungen stellt im immer härter werdenden Wettbewerb ein wichtiges Instrument der Unternehmensleitung dar. Fehler oder gar eine Nichtbeachtung der Vorschriften des Arbeitnehmererfindergesetzes (ArbEG) kann erhebliche Konsequenzen haben. Zum Beispiel kann eine Nichtbeachtung von Vorschriften im Allgemeinen Schadensersatzanspruche des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber auslösen.

Der persönliche Anwendungsbereich des ArbEG erstreckt sich auf alle Arbeitnehmer im privaten und öffentlichen Dienst, Beamte, Hochschulbeschäftigte und Soldaten. Nicht dem ArbEG unterliegen jedoch Ruheständler, freie Mitarbeiter und gesetzliche Vertreter von juristischen Personen, z. B. Geschäftsführer einer GmbH. In sachlicher Hinsicht werden die schutzfähigen, d. h. die patent- und gebrauchsmusterfähigen Erfindungen (§ 2 ArbEG) und die (nicht schutzfähigen) technischen Verbesserungsvorschläge (§ 3 ArbEG) erfasst. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses lässt die Rechte und Pflichten aus dem ArbEG, die während des Arbeitsverhältnisses entstanden sind, unberührt fortbestehen. In der Praxis werden Ansprüche aus dem ArbEG im Allgemeinen erst nach dem Ausscheiden eines Angestellten aus einem Unternehmen gegen das Unternehmen durchgesetzt.

Erfindungen nach dem ArbEG können Diensterfindungen oder freie Erfindungen sein. Diensterfindungen sind Erfindungen, die während der Dauer des Arbeitsverhältnisses gemacht wurden und auf den Erfahrungen und der Arbeit des Arbeitnehmers im Unternehmen beruhen (§ 4 ArbEG).

Im Gegensatz hierzu ist das bei freien Erfindungen nicht der Fall. Der Arbeitgeber kann über freie Erfindungen nicht verfügen. Trotzdem muss der Arbeitnehmer eine freie Erfindung dem Arbeitgeber im Regelfall zur Überprüfung mitteilen, so dass dieser ein Überprüfungsrecht erhält, ob es sich tatsächlich um eine freie Erfindung handelt. Bestreitet der Arbeitgeber nicht innerhalb von drei Monaten nach Zugang der Mitteilung durch schriftliche Erklärung an den Arbeitnehmer, dass die ihm mitgeteilte Erfindung frei ist, so kann die Erfindung nicht mehr als Diensterfindung in Anspruch genommen werden (§ 18 ArbEG). Ein Versäumen dieser Frist löst somit die unwiderrufliche Rechtsfolge aus, dass der Arbeitgeber nie mehr die Möglichkeit hat, ohne Zustimmung des Arbeitnehmers die Erfindung zum Schutzrecht, z. B. Patent- oder Gebrauchsmuster, anzumelden. Eine Verpflichtung zur Mitteilung freier Erfindungen durch den Arbeitnehmer besteht nicht, wenn die Erfindung offensichtlich im Arbeitsbereich des Arbeitgebers nicht verwendbar ist.

Ein Arbeitnehmer muss eine freie Erfindung, soweit sie in den Arbeitsbereich des Betriebes fällt, dem Arbeitgeber zunächst zur Nutzung anbieten. Es reicht aus, dass dem Arbeitgeber ein nichtausschließliches Benutzungsrecht angeboten wird zu angemessenen Bedingungen (einfache Lizenz). Dieses Anbieten kann auch gleichzeitig mit der oben genannten Mitteilung zur Überprüfung erfolgen. Sofern der Arbeitgeber das Angebot des Arbeitnehmers nicht innerhalb von drei Monaten annimmt, erlischt dieses Vorrecht.

Eine Diensterfindung muss nach Fertigstellung unverzüglich durch den Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gesondert in Textform durch eigenhändige Namensunterschrift gemeldet werden. Eine gesonderte Meldung verlangt eine eigenständige Mitteilung, ein Unterbringen in einem Tätigkeitsbericht genügt normalerweise somit nicht.

In der Meldung hat der Arbeitnehmer die technische Aufgabe, ihre Lösung und das Zustandekommen der Diensterfindung zu beschreiben (§ 5 ArbEG). Eine Erfindungsmeldung muss klare Angaben über das Zustandekommen der Erfindung enthalten. Die Beschreibung muss so erfolgen, dass die Erfindung ausgeführt werden kann. Eine Vorlage einer nur unterschriebenen Konstruktionszeichnung genügt normalerweise nicht. Ist die Erfindungsmeldung hinsichtlich der vorbeschriebenen Angaben unvollständig, kann der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von zwei Monaten die entsprechenden Ergänzungen verlangen (§ 5 ArbEG).

Der Arbeitgeber kann eine Diensterfindung durch Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer in Anspruch nehmen. Die Inanspruchnahme gilt als erklärt, wenn der Arbeitgeber die Diensterfindung nicht bis zum Ablauf von vier Monaten nach Eingang der ordnungsgemäßen Meldung gegenüber dem Arbeitnehmer durch Erklärung in Textform freigibt. Mit der Inanspruchnahme gehen alle vermögenswerten Rechte an der Diensterfindung auf den Arbeitgeber über. Verfügungen, die der Arbeitnehmer über eine Diensterfindung vor der Inanspruchnahme getroffen hat, sind dem Arbeitgeber gegenüber unwirksam, soweit seine Rechte beeinträchtigt werden.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet und allein berechtigt, eine gemeldete und in Anspruch genommene Diensterfindung im Inland zur Erteilung eines Schutzrechts anzumelden (§ 13 ArbEG). Die Pflicht zur Anmeldung eines Schutzrechts ist Ausdruck des Monopolprinzips, auf dem das ArbEG beruht. Aufgrund der Anmeldung eines Schutzrechts wird vom Patentamt festgestellt, ob es sich um eine patentfähige Erfindung handelt und der Arbeitgeber erlangt im Falle einer Patenterteilung eine Monopolstellung am Markt. Als Ausgleich hierfür erhält der Arbeitnehmer eine Vergütung. Grundsätzlich ist eine Diensterfindung zum Patent anzumelden. Eine Gebrauchsmusteranmeldung erfüllt die Anmeldepflicht nur, wenn diese im Einzelfall wirtschaftlich zweckmäßiger erscheint. Erfüllt der Arbeitgeber seine Anmeldepflicht nicht oder nicht unverzüglich, kann er sich schadensersatzpflichtig gegenüber dem Arbeitgeber machen.

Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer zugleich mit der Anmeldung der Diensterfindung zur Erteilung eines Schutzrechts Abschriften der Anmeldeunterlagen zu geben. Er hat ihn von dem Fortgang des Verfahrens zu unterrichten und ihm auf Verlangen Einsicht in den Schriftwechsel zu gewähren. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber auf Verlangen beim Erwerb von Schutzrechten zu unterstützen und die erforderlichen Erklärungen abzugeben (§ 15 ArbEG)

Nach Inanspruchnahme einer Diensterfindung ist der Arbeitgeber berechtigt, diese auch im Ausland zur Erteilung von Schutzrechten anzumelden. Für ausländische Staaten, in denen der Arbeitgeber Schutzrechte nicht erwerben will, hat er dem Arbeitnehmer die Diensterfindung freizugeben und ihm auf Verlangen den Erwerb von Auslandsschutzrechten zu ermöglichen (§ 14 ArbEG). Der Arbeitgeber hat somit die freie Wahl, ob er auch im Ausland anmelden will oder nicht. In der Praxis erfolgt eine Erstanmeldung zunächst beim Deutschen Patent- und Markenamt als nationale deutsche Patentanmeldung, gegebenenfalls auch als europäische Patentanmeldung beim Europäischen Patentamt. Innerhalb eines Jahres ab dem Anmeldetag der Erstanmeldung, das so genannte Prioritätsjahr, kann die gleiche Patentanmeldung auch im Ausland, z. B. als vorläufige internationale Patentanmeldung, angemeldet werden. Innerhalb dieses Prioritätsjahres muss sich der Arbeitgeber entscheiden, in welchen Ländern er Auslandsschutzrechte einreichen will (mit einer internationalen Patentanmeldung kann die endgültige Entscheidung hierüber auf 31 Monate nach dem Anmeldetag der Erstanmeldung verschoben werden). Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer rechtzeitig vor Ablauf von gesetzlichen Fristen informieren und somit die Möglichkeit geben, selbst Auslandsanmeldungen einreichen zu können, sofern der Arbeitgeber für diese Länder keine Auslandsanmeldungen einreichen will. Der Arbeitgeber gibt somit für diese Länder die Diensterfindung frei und kann sich gleichzeitig mit dieser Freigabe ein nichtausschließliches Nutzungsrecht in den betroffenen ausländischen Staaten gegen angemessene Vergütung vorbehalten. Eine zu späte Freigabe kann zu Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber führen. Bei diesem nichtausschließlichen Nutzungsrecht handelt es sich um ein betriebsgebundenes Nutzungsrecht, das den Arbeitgeber nicht berechtigt, an Dritte Unterlizenzen zu erteilen. Unterlizenzen sind somit nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers möglich.

Im In- oder Ausland angemeldete Schutzrechte können für den Arbeitgeber aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr interessant sein, z. B. wenn für Schutzrechte mehr Kosten anfallen als Nutzen zu erwarten ist. Der Arbeitgeber ist Herr des Anmeldeverfahrens, d. h. er kann Schutzrechte aufgeben. Unter dem Aufgeben eines Schutzrechts wird auch eine Nichtverlängerung des Schutzrechts oder ein Nichteinlegen eines möglichen Rechtsmittels im Erteilungsverfahren verstanden. Bei der Aufgabe von Schutzrechten vor Erfüllung des Anspruches des Arbeitnehmers auf angemessene Vergütung muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer seine Aufgabeabsicht mitteilen und damit dem Arbeitnehmer die Übernahme des Schutzrechts anbieten. Der Arbeitgeber ist berechtigt, das Schutzrecht aufzugeben, sofern der Arbeitnehmer nicht innerhalb von drei Monaten nach Zugang der Mitteilung die Übertragung des Schutzrechts verlangt (§ 16 ArbEG).

Das uneingeschränkte Recht zur Aufgabe von Schutzrechten hat der Arbeitgeber nur, wenn sämtliche Vergütungsansprüche für Vergangenheit und Zukunft bereits voll erfüllt sind. Das ist jedoch in der Praxis im Allgemeinen nie der Fall, so dass es sich hier im Grunde nur um eine theoretische Möglichkeit handelt.

Der Arbeitnehmer hat gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch auf angemessene Vergütung, sobald der Arbeitgeber die Diensterfindung unbeschränkt in Anspruch nimmt. Für die Bemessung der Vergütung sind insbesondere die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung, die Aufgaben und die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb sowie der Anteil des Betriebes an dem Zustandekommen der Diensterfindung maßgebend (§ 9 ArbEG). Die Festsetzung der Höhe der Vergütung ist in einer Vergütungsrichtlinie genau geregelt. Der Arbeitnehmer hat einen Rechtsanspruch auf angemessene Vergütung und kann diesen auch nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen auch gerichtlich durchsetzen.